Die Gemäldesammlung der Académie Royale de Peinture et de Sculpture im Louvre
Die Gemäldesammlung der Académie Royale de Peinture et de Sculpture im Louvre
Zur Rekonstruktion eines kanonischen Modells zwischen Ausbildung, Kunstdiskurs und Musealisierung
Die mit der akademieeigenen Sammlung von Gemälden, Graphik und Skulptur räumlich zu erfahrende Kunstgeschichte ist mit den Sälen der königlichen Kunstakademie im Louvre des 18. Jahrhunderts und dem Display der Werke nicht nur als besondere und exemplarische Systematik zu lesen. Ihre vielfältigen, in ein räumliches Dispositiv eingeschriebenen Ordnungskriterien (Register, Bildmaße, Beleuchtung, Raumachsen, Schulen und Kunstlandschaften, Genres, Kunstarten, Bildträger etc.) sind eine Kunstgeschichte in Bildern. Die Sammlungspräsentation der den Kunstdiskurs für eineinhalb Jahrhunderte europaweit prägenden Akademie erfuhr für die Distribution der hier zum Ausdruck kommenden kunsttheoretischen Positionierung Synergien, die wir sowohl als kunstpraktische Effekte für die Lehre aber immer auch als symbolische Repräsentationen lesen können: Mit den Conférences der Akademie findet ihre Aktualisierung im Dialog der Professorenschaft statt, die dann zu Publikationen führen wird. Die Ausbildung junger Künstler orientiert sich kopierend an den Exempla der Sammlung. Der Versand von Zeichnungen und Druckgraphik an die zahlreich gegründeten Akademien der Provinzen, oftmals nach den in der Sammlung versammelten Meisterwerken, nimmt Einfluss auf die Ausbildung im gesamten Königreich. Mit der Versammlung der Aufnahmestücke (Morceaux de réception) liegt eine Art Leistungsschau der Akademie vor, die sich mit den Meisterwerken der abendländischen Kunst (über Schenkungen und Akquisitionen) in der Nachbarschaft der Collection du Roi zusammenfindet. Nicht zuletzt vermittelt jeder Besuch der Sammlung die Anschauung des akademischen Blicks auf und der Urteile über die Kunst und ihre Geschichte, die wesentlich mit den Ordnungsprinzipien der Sammlung formuliert werden.
Mit dem exponierten Ort der Sammlung im Louvre greift deren Präsenz auch räumlich über sich selbst hinaus. Der Décor des Louvre selbst, die zahlreichen Künstlerateliers im Louvre, die Grande Galerie (ab 1699) und dann die ab 1725 für die Salons der Akademie genutzte Salle carrée, die Anwesenheit der Académie des Belles-Lettres im Nordflügel des Schlosses, all‘ dies kann als Koordinatensystem verstanden werden, in welches sich die Akademiesammlung einschreibt. Ihre Bedeutung wird unter kunstsoziologischer Perspektive deutlicher, wenn ihr Ort als Bezugspunkt des Quartiers, mit Theatern und Bibliotheken, mit dem Palais Royal im Norden, aber auch mit den das Pariser Kunstleben prägenden privaten Kunstsammlungen in unmittelbarer Nachbarschaft (der Crozat, des Duc d’Orléans) verstanden wird. Sie ist damit Referenzort für die mit dieser kulturellen Topographie stimulierten Heranbildung von Kunstkritik und Kunstgeschichte.
Doch bis heute blieb eine umfassende Analyse, welche die Detailkenntnis zu Einzelwerken mit einer annähernd vollständigen Darstellung der Sammlung verbindet, aus. Eine solche Inventarisierung, die sich heute den Vorteil digitaler Mittel zunutze machen kann, ist Gegenstand des vorliegenden Projektes. Das Vorhaben nimmt zwei erhaltene Inventare zum Ausgangspunkt, die zu Beginn und im fortgeschrittenen 18. Jahrhundert eine vollständige Sicht auf die Akademiesammlung ermöglichen und als Publikation selbst ja bereits symbolischer Akt für das Selbstverständnis der Akademie waren.
Die von Sofya Dmtrieva analysierten, dokumentierten und auf den kunsthistorischen Kontext bezogenen Inventare sind Schnitte durch die Zeit, die uns detailliert Werke identifizieren und ihre Hängung im Kontext der Räume und ihrer Abfolge nachvollziehen lassen.
Projektpartner/-innen
- Françoise Mardrus et al. (Centre Vivant Denon, Musée du Louvre)
- Sofya Dmitrieva
- Juliette Trey (Institut national d’histoire de l’art (INHA))